Klimawandel hautnah vor der eigenen Haustür erleben – das konnte man am Sonntag, 20.05.2023 mit der Försterin und Waldpädagogin Rita Kotschenreuther. Sie beschäftigt sich schon sehr lange mit der Thematik und konnte bei einer Fahrradtour die Zusammenhänge sehr anschaulich darstellen. Neben der Vorstellung klimaresistenter Baumarten, die bereits im Biebertaler Wald wachsen, wie z. B. der Elsbeere, ging Frau Kotschenreuther auch auf die Verwendung von Holz ein.
Auf sehr gelungene Weise erfuhren die Teilnehmer an verschiedenen Exkursionspunkten unter anderem warum Holz als Baustoff benötigt wird und im Vergleich zu anderen Materialien wie Aluminium oder Beton weniger Energie und Ressourcen verbraucht und dazu noch dauerhaft CO2 speichert.
Dagegen trägt der Verbrauch kurzlebiger Produkte wie Papier und Pappe zur Freisetzung von CO2 bei. Der Bedarf an diesen Produkten hat sich in den letzten Jahrzehnten verachtfacht und kann durch die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes in Deutschland nicht gedeckt werden. Erhebliche Importe, die zur Abholzung von Wald im Ausland führen, sind die Folge. Klimaschutz findet statt, wenn man sich fragt, ob etwas ausgedruckt oder kopiert werden muss, ob man Werbung braucht, die ungelesen im Altpapier landet.
Globaler wie lokaler Temperaturanstieg – Beeinträchtigung der Golfstroms – Starkregenereignissen – Überflutungen – Erdrutsche – Hitzewellen – Dürren – Wasserknappheit – Lebensmittelknappheit – soziale Unruhen – neue Krankheiten – Waldbrände – Zunahme von Ozeanversauerung – Anstieg des Meeresspiegels – usw.
In den 1950er Jahren erlebte ich als Kind, wie nach einem Wolkenbruch irgendwo oberhalb des Flusslaufes, an dem unser Haus lag – zwar nach Vorwarnung, dann aber doch schneller und höher, als man es sich vorstellen konnte – Wassermassen durch die geschlossene Haustür und Fenster drangen und die erste Etage des Hauses bis zur Hälfte unter brauner Brühe verschwinden ließ. Vor dem Fenster sahen wir Misthaufen mit Hühnern obenauf durch die Straßen treiben. Seit 1950 ist die Anzahl der Hitzetage mit einer Temperatur von mehr als 30 Grad Celsius im Mittel um 11,4 Tage gestiegen – mit weiterem Anstieg ist zu rechnen. In den 1970er Jahren konnte ich hier in Biebertal im Winter noch mit den Langlaufskiern von der Haustüre aus zu Erkundungstouren in die Umgebung aufbrechen. In den 2020er Jahren blühen im Januar die Haselsträucher und ärgern die Allergiker und schon heute fordern Hitzewellen im Sommer in Deutschland viele Tausend Opfer pro Jahr.
Vielen nicht bewusst, Hitze kann eine tödliche Gefahr sein
Hitze ist in Deutschland die größte klimatische Bedrohung für die Gesundheit, auch wenn darüber hinaus Gefahren von anderen Extremwetterereignissen wie Starkregen, Überschwemmungen oder Waldbränden ausgehen. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung gab es vergleichsweise 2018 nirgends mehr Hitzetote als in Deutschland. Das liegt zum einen daran, dass es hierzulande aufgrund der demographischen Entwicklung besonders viele klimaverletzliche Menschen gibt und viele in Städten leben. Zum anderen ist in Deutschlanddie Temperatur seit der vorindustriellen Zeit stärker gestiegen als im Rest der Welt. Einer Untersuchung des Deutschen Wetterdienstes zufolge erhöhte sich bis 2019 hier in Deutschland die Durchschnittstemperatur um 1,6 Grad Celsius, während sie im weltweiten Durchschnitt um 1.0 Grad Celsiusangestiegen ist.
Wärmedämmung der Häuser, Beschattung und Begrünung, Belüftung, Bäume, Wasserspiele, wie auch die Beseitigung von Wärmeinseln in den Ortschaften, Veränderungen im Energie- und Transportsektor, sogar Angebote von kühlen öffentlichen Räumen werden in Zukunft wichtig werden. Vor allem aber ist die Reduzierung der Treibhausgase dringend geboten, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.
Constantin Hoppe berichtete am 21.04.2022 in der Gießener Allgemeinden in seinem Artikel “Gemeinsam gegen den Klimawandel” über das viertägige, im Forsthaus am Dünsberg stattfindende, Klimacamp. Tags gab es vor allem Workshops und Ausflüge ins nähere Umland, abends wurde lange über Naturschutz, Klimaverantwortung, Klimagerechtigkeit, Klimawandel und seinen Auswirkungen diskutiert – und das über alle Sprachbarrieren hinweg. Zeit war für die 6 Jugendlichen der Sosolya Undugu Dance Academy (SUDA) aus Uganda und 9 Jugendlichen aus dem Gießener Land (Biebertal, Heuchelheim, Krofdorf) auch, um gemeinsam zu musizieren und zu tanzen.
Die Ergebnisse haben die Jugendlichen auf einem »Klimabaum« festgehalten: Vermeidung von Plastikmüll, strikterer Artenschutz, stärkere Nutzung erneuerbarer Energien und geringerer Fleischkonsum kann helfen, damit Klimaschutz funktioniert – wenn alle mitmachen.
Quelle: Gießener Allgemeine Fotos: Constantin Hoppe
Einleitung in ein Jahresthema des Bilderbogens im Jahr 2022.
Mir persönlich bringt der Spaziergang immer wieder eine Pause in meinen Arbeitsalltag, eine Zeit mit unserem Hund, Begegnungen, Entspannung und sonntags zusätzlich Überraschungen aus dem Rucksack bei einer Marschpause; Gesund ist das Gehen für Herz- und Kreislauf zudem.
Eigentlich ist unser Wald ja kein Wald oder gar Urwald. Was wir heimischen “Wald” nennen, ist in Wirklichkeit Forst, eine kultivierte Fläche, die waldwirtschaftlich für menschliche Interessen angelegt, genutzt und ausgebeutet wird.
Dennoch, gerade in Zeiten der Pandemie seit 2020, hat es eine Art Wiederentdeckung des Waldes gegeben. Menschen streben ins Grüne, Beruhigende, Natürliche, saugen den dort von den Pflanzen frisch produzierten Sauerstoff auf, erfreuen sich an der Stille, dem Vogelgezwitscher, am Lichtspiel der Sonnenstrahlen und gruseln sich ein wenig im Dunklen des Tannengrundes. Menschen wandern wieder, sind verstärkt mit Hunden unterwegs oder mit dem Rad bzw. Mountainbike. Stand vor Kurzem noch die Angst vor dem Fuchsbandwurm, vor Zecken und anderem “gefährlichen Getier” im unbekannten Wald im Vordergrund, so steht der anstrengende Gang hinaus nun für (Bewegungs-)Freiheit und Entdeckerfreuden. Waldbaden.ist modern geworden, um sich und sein Umfeld intensiv zu spüren.
Unser (Forst-)Wirtschaftssystem, wie auch die Umwandlung von Biomassedurch menschliche Einwirkung spielen hier eine Rolle:
Denn bei aller Aufmerksamkeit für die Corona-Pandemie(die im Übrigen wesentlich mit unserem Zurückdrängen der Natur und unserer Mobilität zu tun hat) und für den Klimawandel,werden die Umgestaltung der Welt mit Monokulturenund der Verlust der Artenvielfalt (Biodiversivität) und damit unserer eigenen Lebensgrundlage bislang weitgehend vernachlässigt. Die erwarteten Megatrendswerden diese Entwicklungen noch verstärken und beschleunigen – wenn wir, also die jetzt lebenden Generation – nicht andere Wege findet und einschlägt.
Wie sieht es aus mit dem Risiko eines Hochwasser-Schadens an meinem Standort?
Wenn bereits in den vergangenen Jahren Hochwasser Land und Gebäude gefährdeten, so muss damit gerechnet werden, dass sich mit zunehmender Erwärmung der Erde diese Gefahren vergrößern.
Wer hat mehr Erfahrung mit den Gefahren und den tatsächlichen Schäden als die Versicherer? Hier ein Hochwasser-Check aus demPortal der GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. ).
Beachten Sie bitte, dass das Ergebnis des Checks auf den Erfahrungen aus der Vergangenheit beruht, unser Risiko allerdings in der Zukunft liegt. Unwetter mit Starkregen können überall auftreten.
Dieser Tage stand ich auf meinem Spazierweg plötzlich vor einer unerwarteten Barriere … die glücklicherweise schon da lag und nicht auf mich gekracht ist.
“Wie im vergangenen Jahr steigen auch in diesem Jahr die Zahlen der Astbrüche an Bäumen .. insbesondere Grünastbrüche” wie hier auf dem Bild. So steht es in den Biebertaler Nachrichten vom 10.07.2020, so finden sich Hinweise im Wald:
Die Gemeinde Biebertal warnt daher zur Umsicht. Denn selbst bei Windstelle und Sonnenschein können an grünen Bäumen dicke Äste abbrechen. Trockene Äste kann man gut erkennen und das Gefahrenpotential einschätzen. Zudem unterliegen die Wege einer regelmäßigen Kontrolle, so dass diese Bedrohung zeitnah entfernt werden können. Grüne Äste hingegen brechen ohne Vorwarnung, ohne Wind oder Sturmeinwirkung und werden zu einer tödlichen Gefahr … nicht nur im Wald, auch an Straßen und im Park.
Das Phänomen der Grünastbrüche war bislang nur vereinzelt in heißen Sommern mit Regendefizit zu beobachten, wird in den letzten Jahren – in Folge des zu beobachtenden Klimawandels – häufiger. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Brüche aufgrund großer Spannungsunterschiede im Holz auftreten. Durch den aktuell herrschenden Wassermangel im Boden können die Bäume nicht genug Wasser aufnehmen, um ihre Versorgung mit Feuchtigkeit und Nährstoffen sicherzustellen. Bäume haben ja keine Wasserleitungen, sondern nur halbdurchlässige Zellen. Wenn die Wurzeln Wasser aufnehmen, durchläuft es – von Zelle zu Zelle – über den Stamm bis zu den Blättern in der Baumkrone. Wenn nicht genügend Wasser vorhanden ist, wird Luft angesaugt. Dadurch fällt der Druck in den Zellen ab und es entsteht eine Luftembolie. Die Zellen verlieren an Spannung und können das Gewicht der Äste nicht mehr tragen. Durch sein Eigengewicht bricht der Ast ohne Vorwarnung und voll belaubt ab. Es ist also keine Vorsorge möglich.
Da ist Natur, deren Teil wir sind.
Quelle: Biebertaler Nachrichten Nr. 28 vom 10. Juli 2020
Diese Bilder wurde aktuell aus Wetzlar an uns geschickt, was einmal zeigt: der Biebertaler-Bilderbogen findet auch über unser schönes Dorf hinaus Beachtung. Zum anderen zeigt das Bild mit den Blüten im Schnee nahezu den erste Schnee in diesem Winter.
Scott St. George, Professor für Geografie forscht an der University of Minnesota in Minneapolis. Es veröffentlichte in der Zeitschrift “Spektrum der Wissenschaft” 2/2020 folgendes (zusammengefasst): “Heute erwärmt sich die ganze Erde auf einmal. Damit unterscheidet sie sich grundsätzlich von anderen Temperaturschwankungen in den letzten 2000 Jahren, wie Klimarekonstruktionen zeigen. In der Erdgeschichte gab es immer wieder Epochen, in denen es für längere Zeit wärmer, kälter, feuchter oder trockener wurde. Während der letzten 2000 Jahre waren dies vor allem die mittelalterliche Klimaanomalie, eine warme, trockene Periode etwa von 950 bis 1250 n.Chr., sowie die kleine Eiszeit, eine kühle Phase vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Viele Menschen nehmen an, diese Phasen seien weltweit synchron verlaufen. Doch ein Team um Raphael Neukom von der Universität Bern hat 2019 gezeigt, dass sich diese und frühere Klimaepochen der vergangenen 2000 Jahre wesentlich kleinräumiger bemerkbar machten als die aktuelle, menschengemachte Erwärmung, die fast überall auf der Erde nachweisbar ist. In der Vorindustriellen Zeit (1300-1800) waren für die Klimaschwankungen große Vulkanausbrüche die Hauptursache für Umschwünge hin zu kalten Temperaturen, die dann einige Jahrzehnte anhielten. Veränderungen der Treibhausgaskonzentration hatten eine geringe, aber immer noch nachweisbare Wirkung. Auch fanden die Wissenschaftler keine Anzeichen dafür, dass Schwankungen der Sonnenstrahlung die globale Durchschnittstemperatur über vergleichbare Zeiträume hinweg beeinflusst hat. Die These, dass sich das Klima stetig ändert, stimmt sicherlich. Doch selbst, wenn wir bis in die frühesten Tage des Römischen Reiches zurückblicken, finden wir kein Ergebnis, dass in Stärke oder geographischer Ausdehnung auch nur annähernd dem Temperaturanstieg der letzten Jahrzehnte entspricht. Dieser ist in seiner Synchronizität weltweit beispiellos.”
Bis zu 5 zusätzliche Hitzewellen in Norddeutschland und bis zu 30 zusätzliche Hitzewellen in Süddeutschland – jeden Sommer. Ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um 3.7 Grad. Diesen für die kommenden Jahrzehnte prognostizierten Klimaveränderungen hat das deutsche Gesundheitswesen – zumindest aktuelle – nichts entgegenzusetzen. Das zeigt der im November in Berlin vorgestellte Jahresbericht der internationalen Forschungs-initiative “Lancet Countdown”, der in diesem Jahr erstmals Empfehlungen für Deutschland herausgegeben hat. Die Bundesärztekammer forderte deshalb die Länder und Kommunen auf, konkrete Maßnahmenpläne für Kliniken, Not- und Rettungsdienste sowie Pflegeeinrichtungen zu entwickeln.
Denn insbesondere die hohen Umgebungstemperaturen während sommerlicher Hitzewellen werden direkte gesundheitliche Auswirkungen haben. Der Hitzestress, aber auch die hohen bodennahen Ozonkonzentrationen während der Hitzeperioden können schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, insbes. bei älteren Menschen und schon Herz-Kreislauf- und Atemwegs-erkrankten. Die Ärzte müssen im Blick haben, dass bei bestimmten Medikamenten bei hohen Temperaturen die Dosierungen angepasst werden müssen. Zudem müssten sich die Menschen darüber im klaren sein, dass in Zukunft von Mücken übertragbare “exotische” Erreger verstärkt auftreten werden. Steigende Temperaturen ermöglichen die Ausbreitung von Überträgern von Infektionskrankheiten, die bislang in Deutschland nicht vorkamen – z.B. Dengue-Fieber, Zika oder Chikungunya oder Gehirnhautentzündung durch West-Nil-Virus. Auch die Biologie allergener Pollen verändert sich mit zunehmender Wärme. Die saisonale Dauer des Pollenfluges verändert sich, die Pollenmenge steigt an, was Asthma und allergische Reaktionen verstärkt. Darüber hinaus erhöht sich durch die Erwärmung der Ostsee das Risiko einer Infektion mit Vibrio-Bakterien. Die im Salzwasser der Ostsee vorkommenden Keime vermehren sich sprunghaft bei Wassertemperaturen von mehr als 20 Grad und können Wunden infizieren. Das stellt, wie die Todesfälle in diesem Sommer belegen, speziell für ältere, immungeschwächte, chronisch kranke oder Menschen mit Hautverletzungen ein Risiko dar, von dem man wissen sollte. Seit den 1980er Jahren hat sich aufgrund höherer Wasser-tempferaturen die Anzahl der Tage verdoppelt, an denen man sich beim Baden infizieren kann – 2018 waren es 107 Tage.
Wir müssen verhindern, dass die Gesundheit eines Kindes, das heute geboren wird, durch das sich verändernde Klima bestimmt wird. Denn unsere Kinder und Enkelkinder werden diejenigen sein, die am stärksten von den Effekten des Klimawandels betroffen sein werden.
Je früher wir anfangen, desto einfacher ist es, die notwendige Reduktion der CO2-Emissionen zu erreichen. Beginnen wir erst 2025, bleibt nur der ‚kalte Entzug‘ mit den zu erwartenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Weniger Einsatz fossiler Brennstoffe im Energie- und Verkehrssektor verringere beispielsweise die Belastung durch Luftverschmutzung. Die Luftverschmutzung insgesamt habe 2016 weltweit zu sieben Millionen Todesfällen geführt, 2,9 Millionen davon habe Feinstaub verursacht. In Deutschland trug die Feinstaubbelastung 2016 laut Bericht zu über 44 800 frühzeitigen Todesfällen bei. Darüber hinaus trage die Förderung von Radfahren, Zu-Fuß-Gehen und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur Steigerung der körperlichen Aktivität bei – mit den bekannten positiven Folgen für die Gesundheit. Entsprechend gilt es, um möglichst viele Menschen „ins Boot zu holen“, den Klimaschutz nicht mit Verzicht gleichzusetzen, sondern stattdessen sollte darauf hingewiesen werden, was gewonnen werden könne.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 116, Dezember 2019, Nadine Eckert; im Internet: www.aerzteblatt.de/lit4719