Tückisches Glatteis – rutschige   Rechtsprechung

Gastbeitrag von Gerd Wegel

Wer als Kraftfahrer in einen Glatteisunfall verwickelt wird, muss nicht von vornherein mit einem Schuldspruch rechnen. Dies gilt sowohl für die Regulierung eines Unfallschadens als auch für ein etwaiges Bußgeldverfahren wegen überhöhter beziehungsweise unangepasster Geschwindigkeit. Doch Gerichte entscheiden bei Glatteisunfällen nicht einheitlich, auch dort geht es mitunter rutschig zu.

Nach Angaben des ACE-Verkehrsrechtsexperten Hannes Krämer kann ein Verkehrsrichter beispielsweise nicht einfach davon ausgehen, dass ein Kraftfahrer fahrlässig mit unangepasster Geschwindigkeit unterwegs gewesen ist, etwa weil dieser beim Überholen ins Schleudern geriet. Lempp verwies dazu auf einen Beschluss des Bayerischen Oberlandesgerichts (AZ: 1 Ob OWi 185/92), dem zufolge eine pflichtwidrige Fahrweise nicht schon deshalb unterstellt werden kann, weil der Unfall bei einer geringeren Geschwindigkeit vermutlich hätte vermieden werden können.

Wer jedoch einen Unfall nicht selbst auslöst, sondern zum Beispiel in ein vor ihm ins Schleudern geratenes Fahrzeug hineinfährt, muss sich wegen anzulastender Teilschuld wenigstens an der Schadensregulierung mit beteiligen. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat laut ACE in einem solchen Fall (AZ: 8 U 494/92) entschieden, man müsse sich auf spiegelglatter Straße auch auf die naheliegende Möglichkeit einstellen, dass ein vorausfahrender Kraftfahrer bereits durch einen geringen Fahrfehler die Herrschaft über sein Fahrzeug verliert. Außerordentliche Umstände, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung kurz und knapp, erforderte eben außerordentliche Vorsicht.

Deshalb: Ein Viertel Mithaftung geht auf das Konto des Lenkers, der mit seinem Pkw aufgefahren ist. Bei der Haftung für die Unfallfolgen hat grundsätzlich derjenige den sogenannten Anscheinsbeweis gegen sich, der auf glatter Fahrbahn ins Schleudern kommt. Er muss also seinerseits beweisen, dass ihm unter den gegebenen Umständen kein Schuldvorwurf gemacht werden kann (BGH, VI ZR 18/76).

       Wie Unfälle bei Glatteis zu vermeiden sind – Erhöhtes Risiko bei Eisregen

Bei entsprechenden Witterungsbedingungen, insbesondere bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und bei Nässe auf der Fahrbahn, müssen sich alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer auf Eisglätte einstellen. Glatteisunfälle drohen vor allem bei einem plötzlichen Wetterwechsel, wenn bei steigenden Außentemperaturen Regen auf die noch gefrorene Fahrbahn fällt. Auch auf erfahrungsgemäß glatteisgefährdeten Straßenabschnitten – zum Beispiel Waldstrecken und

Brücken – sollte von vornherein nur mit stark gedrosseltem Tempo gefahren werden.

                             Finanzamt hilft Unfallopfern

Auch bei Schnee- und Eisglätte gilt: Wer als Berufspendler einen Verkehrsunfall erleidet, kann beim Finanzamt den entstandenen Schaden grundsätzlich als Werbungskosten von der Steuer absetzen; ausgenommen hiervon sind Verkehrsstrafen, wie beispielsweise Bußgeldbescheide. Voraussetzung für die steuerliche Absetzbarkeit der Unfallkosten ist, dass der Unfall auf dem Weg zur oder von der Arbeit passiert ist.

ACE Auto Club Europa e. V.
Gerd Wegel, 1.Kreisvorsitzender

Foto: schauhi, pixabay

Neue Regelungen und überarbeitete Vorschriften im Straßenverkehr

Im kommenden Jahr werden wieder neue Regelungen und überarbeitete Vorschriften im Straßenverkehr wirksam. Rechtzeitig vor dem Jahreswechsel im ACE-Kreis MITTELHESSEN, gibt Gerd Wegel, Vorsitzender Mittelhessen Europas Mobilitätsbegleiter, einen Überblick über die maßgeblichen Neuerungen im Jahr 2024. Dafür ein Dankeschön.

Die Blackbox

Aus dem Flugzeug ist eine so genannte Blackbox hinlänglich bekannt. Ab 7. Juli 2024 gehört sie auch zur Grundausstattung eines jeden neu zugelassenen Pkw. Ein solcher Event Data Recorder (EDR), auf Deutsch “Unfalldatenschreiber”, zeichnet fortlaufend Informationen zu beispielsweise Geschwindigkeit, Bremsvorgang oder Airbag-Auslösung auf, überschreibt diese aber auch regelmäßig.

Nur im Falle eines Unfalls werden die Informationen wenige Sekunden vor und nach der Kollision gesichert, um so den Unfallhergang besser rekonstruieren zu können. Das Auslesen geschieht in der Regel nur mit Zustimmung des Fahrenden – es sei denn es wird, beispielsweise bei Unfallverletzten oder -toten, gerichtlich angeordnet. Die Unfalldaten werden lokal im Fahrzeug in einem geschlossenen und anonymisierten System gespeichert. Da diese Neuerung bereits seit letztem Juli bei allen neu entwickelten Fahrzeugen Pflicht ist, ist die besagte Blackbox schon heute in zahlreichen Neuwagen montiert.

Die Blackbox-Pflicht dient der besseren Aufklärung von Unfall Geschehen und ist damit im Sinne der Verkehrssicherheit aus Sicht des ACE begrüßenswert.

Neufahrzeuge nur noch mit Geschwindigkeitsbegrenzung

Ebenfalls von der EU vorgeschrieben ist, dass Neufahrzeuge ab dem 7. Juli 2024 mit einem intelligenten Geschwindigkeitsassistenzsystem (kurz ISA, von Intelligent Speed Assistance) ausgestattet sein müssen. Dieses soll die Autofahrenden durch akustische oder optische Signale auf Überschreitungen des Tempolimits hinweisen.

Auch eine automatische leichte Gaswegnahme, bei dem das Gaspedal leicht nach oben gegen den Fuß drückt oder vibriert, kann der Assistent in entsprechenden Fahrsituationen ermöglichen. Autofahrende haben stets die Kontrolle über das Assistenzsystem, können es jederzeit übersteuern oder beim Motorstart komplett abschalten. Außerdem müssen Neuwagen ab nächstem Sommer über einen Notbremsassistenten, einen Müdigkeitswarner, ein automatisches Notbremslicht, einen Rückfahrassistenten und einen Notfall-Spurhalteassistenten verfügen. Zudem ist dann eine Schnittstelle verpflichtend, um eine alkoholempfindliche Wegfahrsperre, so genannte “Alcolocks”, nachrüsten zu können.

Der ACE fordert schon seit Jahren die Einführung von Alcolocks zur Vermeidung von Alkoholfahrten. Die Pflicht zur Implementierung einer Schnittstelle ist ein erster Schritt in diese Richtung. Im nächsten Schritt muss der Einbau vorgeschrieben werden. Da Assistenzsysteme den Straßenverkehr sicherer machen, begrüßt der ACE diese Veränderung. Gleichzeitig dürfen sich Autofahrerinnen und –fahrer nicht blind auf entsprechende Systeme verlassen und sollten sie nur als Unterstützung betrachten, die auch Grenzen hat.

Keine M+S-Reifen mehr zulässig

Ab Oktober 2024 dürfen bei winterlichen Straßenverhältnissen nur noch Winter- und Ganzjahresreifen mit dem Alpine-Symbol gefahren werden. Das Piktogramm aus Berg und Schneeflocke kennzeichnet den Reifen als wintertauglich. Die reine M+S-Kennzeichnung (Matsch und Schnee) ist schon längst nicht mehr im Verkauf, darf dann aber auch nicht mehr gefahren werden.

Aktuelle Reifen tragen häufig sowohl das Alpine-Symbol als auch die M+S-Kennzeichnung, diese doppelt gekennzeichneten Reifen dürfen weiterhin gefahren werden. Wer aber nur die M+S-Kennzeichnung hat, sollte sich rechtzeitig einen neuen Satz Reifen beschaffen.

Kinderreisepass wird abgeschafft

Ab Januar 2024 wird für Reisen mit Kindern unter zwölf Jahren außerhalb der EU ein regulärer Reisepass samt Chip benötigt. Dieser kostet 37,50 Euro und ist sechs Jahre lang gültig. Bisherige Kinderreisepässe, deren Datum noch nicht abgelaufen sind, sind im Prinzip weiterhin gültig, werden aber nicht mehr von jedem Land anerkannt.

Für Reisen innerhalb der EU beziehungsweise des Schengen-Raums reicht für Kinder unter 16 Jahren ein Personalausweis aus. Dieser kostet knapp 23 Euro, ist allerdings auch nur sechs Jahre gültig. ACE-Tipp: Rechtzeitig beantragen, da die Bearbeitungszeit von Reisepässen mehrere Wochen betragen kann.  

Einerseits wird Familien das Reisen durch die längere Gültigkeit erleichtert. Andererseits soll Kindesmissbrauch im Ausland durch die Einführung eines elektronischen Reisepasses verhindert werden.

Führerscheinprüfungen werden voraussichtlich teurer

Bereits vor dem Jahreswechsel könnten Führerscheinneulinge für die Prüfungen noch etwas mehr zahlen müssen. Eine Änderung der Gebührenordnung sieht eine Erhöhung um 11 Prozent vor. Damit würde die Gebühr für die Theorieprüfung auf knapp 25 Euro steigen. Für die praktische Prüfung der Klasse B müssten Prüflinge dann statt circa 117 Euro rund 130 Euro berappen. Die Verordnungsänderung soll noch am 15. Dezember 2023 beschlossen werden und umgehend in Kraft treten.

Bilder: kontexwochenzeitung.de, commons.wikimedia.org, pxhere.com, auto.de, pxhere.com, fahrschule-herter.de
Text: Gerd Wegel, Vorsitzender ACE Mittelhessen

Unfall- & Pannenstellenabsicherung

Wisst ihr noch, wie weit weg genau das Warndreieck bei einem Unfall oder einer Panne stehen muss?

Entfernung des Warndreiecks bei Panne oder Unfall

Ganz ehrlich – die genaue Meter Anzahl hätte ich nicht mehr drauf gehabt. Ich hätte nach meinem Ermessen das Warndreieck aufgestell. Damit aber Helfer geschützt sind und der andere Verkehr rechtzeitig gewarnt wird, muss der Bremsweg anderer Fahrzeuge bedacht werden.
Auch wenn ich als Autor diesen Beitrages nicht regelmäßig Auto fahre, so werde ich mir doch ne Eselsbrücke bauen. Innerorts 50 km/h = 50 m weg. Dasselbe für Landstraße 100 km/h = 100m weg und beides zusammen auf der Autobahn. Oft sieht man Warndreiecke am Rand stehen, aber es kommt keine Panne oder Unfall zum Vorschein.
Um hinterher das Warndreieck auch wieder aufzusammeln, einfach die Hülle oder Verpackung dafür auf den Fahrersitz legen. Darauf sitzen möchte mit Sicherheit keiner von Euch. Aber bevor ihr das Warndreieck auspackt, zieht auf jeden Fall die Warnweste an! Gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit erkennen die anderen Verkehrsteilnehmer euch schon beim Aufstellen des Warndreiecks. Die Warnweste ist im übrigen seit 2014 Pflicht in jedem Fahrzeug und muss mindestens eine für den Fahrer enthalten. Hat meine keine im Auto dabei droht ein Bußgeld in Höhe von 15 €!

Aufgepasst, wenn ihr ins Ausland möchtet. Dort gelten andere Regeln. So muss z. B. in Österreich, welches ja auch ein beliebtes Urlaubsziel vieler Deutscher ist, jeder im Fahrzeug eine Warnweste dabei haben und bei Verlassen des Fahrzeuges auch tragen. Ist dies nicht der Fall, droht dort ein Bußgeld bis zu 2.180 €. Laut ÖAMTC gibt es dort allerdings keine fix definierte Entfernung, die zwischen Pannendreieck und Auto eingehalten werden muss. Es sollte so aufgestellt sein, dass der die Lenker herannahender Fahrzeuge ab dem Erkennen des Pannendreiecks noch genügend Zeit und Platz haben, um auszuweichen oder anzuhalten.

Also vor dem Urlaub am besten mal kurz schlau machen. Dann kommt auch hinterher nicht die böse Überraschung.

Weitere Infos dazu erhaltet ihr beim Auto Club Europa E.V. (ACE) und anderen Institutionen dieser Art.

Bild: ACE
Quelle: ACE Facebook, Bussgeldkatalog.de, autorevue.at

Berufsverkehr, Sommerzeit und Wildwechsel

Foto: Pixabay.com

2020 wurde alle 100 Minuten ein Wildunfall polizeilich registriert – alle 7,6 Stunden im Landkreis Gießen / alle 7 h im Landkreis Marburg / alle 8,5 h im Landkreis Friedberg / alle 5,5 h im Lahn-Dill-Kreis.

Erhöhte Vorsicht ist jetzt im Frühjahr (April und Mai) geboten. Der Berufsverkehr rollt zur Sommerzeit eine Stunde früher, als es der Tageszeit und der inneren Uhr der Tiere entspricht. Gerade in den Dämmerungsstunden am Morgen und Abend, zum Verkehrshoch auf den Straßen, wechseln die Tiere zum frischen Grün vom Wald auf Wiesen und Felder und zurück zu ihren Ruheplätzen. Hinzu kommt, dass das junge Rehwild in diesen Wochen für Revierkämpfe auch die weniger attraktiven Bereiche an den Straßen in Kauf nimmt und ihre Achtsamkeit in Bezug auf den fließenden Verkehr reduziert ist. Dann also kann es leicht zu Wildunfällen kommen.

Crashtest haben gezeigt, dass der Aufprall eines 80 kg schweren Wildschweins auf ein mit 50 km/h fahrendes Auto eine Wucht von zwei Tonnen entspricht. Da lässt sich leicht vorstellen, dass das bei Mensch und Tier einen erheblichen Schaden verursachen kann … und um so mehr, je schneller das Fahrzeug unterwegs ist.
Die Schilder “Achtung Wildwechsel” sollten also unbedingt ernst genommen werden, die Aufmerksamkeit gesteigert, die Fahrweise angepasst, das Fernlicht ausgeschaltet und die Geschwindigkeit gedrosselt werden, so dass sich der Bremsweg verkürzt.
Steht einem ein Tier – trotz vorausschauender Suche – auf der Straße gegenüber, ist eine Vollbremsung entsprechend dem Aufkleber “Ich bremse auch für Tiere” – zumindest bei nachfolgendem Verkehr – nicht unbedingt die erste Wahl; langsam Fahren in weiser Voraussicht schon.
Im Ernstfall also Hupen, Fernlicht aus (da die Tiere sonst geblendet stehen bleiben) und moderat bremsen oder, wenn nötig, Vollbremsung und – wenn der Crash unvermeidlich scheint – dabei geradeaus lenken (denn ein Aufprall am Baum oder gar im Gegenverkehr hätte weitaus schwerere Folgen) und beachten, dass auf ein Tier meist noch weitere folgen.

Sollte es zu einem Unfall kommen:

  • Unfallstelle sichern, Blinklicht einschalten, Warnweste überziehen, Warndreieck aufstellen – evtl. erste Hilfe leisten.
  • Polizei – und bei Verletzten den Rettungswagen rufen. – Die Polizei verständigt den Jäger.
  • Angefahrene oder tote Tiere nicht anfassen. – Infektionsgefahr (siehe z.B. Schweinepest)
  • Dokumentieren der Situation und des Unfalls mit Fotos.
  • Wildunfallbescheinigung von den Polizeibeamten für die Versicherung ausstellen lassen. – Schäden aufgrund einer Kollision mit Haarwild sind in der Regel von Voll- und Teilkaskoversicherung gedeckt.

Quelle: Polizei Hessen, mehr zum Thema z.B. bei der R+V- oder Allianz-Versicherung