Wirklichkeit entsteht im Dialog

Würfelturnier in Krumbach 2022

Eigentlich fingen meine Überlegungen mit einer Therapiegeschichte an; und doch, wie dieses Bild sehr schön zum Ausdruck bringt, betreffen die folgenden Aussagen mehr und unser aller Alltag.

Die Geschichte erzählt von einem neunjährigen Jungen, der neben einer sogenannten Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS) noch viele andere Diagnosen in seinem Gepäck hatte.
Das Umfeld hatte immer wieder versucht, Hilfsangebote zur Verfügung zu stellen; doch im Erleben des Jungen waren diese wenig wirksam und verstärkten die Symptomatik eher, da er sich unverstanden fühlte.

Der Junge, seine Mutter und der Vater, die Lehrerin, die Sozialarbeiterin, der Kinderarzt erlebten die Situation mit dem Indexpatienten (latein. Index = Finger, also der, auf den man zeigt, der, dem eine Störung zugeschrieben wird) je aus individueller Perspektive sehr unterschiedlich.
Der Junge konnte seine Situation in einem therapeutischen Gespräch in einem Bild verdeutlichen, in dem er seine innere Welt als getrennt von den anderen als eine Insel beschrieb. Dort auf der Insel ist es so wie “ich will”, auf dem Festland, da wo z.B. die Eltern und die Schule sind, herrscht “ich muss”.
Auch wenn die Außenstehenden es gut meinen, so kommt doch keine Verbindung zustande, da “Sollen und Müssen” nicht im Einklang mit “Wollen” stehen und so keine Kooperation möglich wird. Die Welten sind monologisch* getrennte Welten; jeder ist letztlich mit sich beschäftigt.
(* Monolog – griech. mónos = allein + lógion = (Aus)Spruch, also ein innerer Dialog, ich mit mir – ohne Kontakt mit außen)

Um hier in mutmachender Weise in einen dialogischen* Prozess zu kommen, braucht es zunächst die Bereitschaft zuzuhören und sich einzufühlen, statt es als erfahrener Erwachsener besser zu wissen.
Es bedarf eines sicheren Raumes, in dem Austausch auf einer Vertrauensbasis zu echter, interessierter Begegnung ohne Bewertung möglich wird, so dass sich die Beteiligten berührt und wertgeschätzt erleben. Dann kann es gut sein, dass der Prozess als solcher eine Eigendynamik entwickelt, dass der Zwischenraum, der im Dialog entsteht, neue Perspektiven eröffnet und der Prozess die Dialogpartner sozusagen zu “führen” beginnt.
(* Dialog grich. diálogos = Unterredung, Zwiegespräch – ein Hin-und-Her der Argumente und Gesichtspunkte)

Wie Martin Buber, der dialogische Vordenker und Philosoph, sagte: “Die eigentliche Wirklichkeit entsteht im Dialog, in der Begegnung, im Prozess, im Dazwischen.
Was heißt das genau? Lesen Sie mehr auf unserer Seite Treffpunkte dazu.

Foto: Christoph Haus

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