Was ist los im Krankenhaus?

Fotos: hier als ein Beispiel, das privatisierte UKGM

Die Arbeitsbedingungen in deutschen Krankenhäusern sind nicht gut. Davon kann jeder berichten, der in einem unserer Krankenhäuser versorgt werden musste, wie auch alle, die in den Kliniken arbeiten.

In einer Studie zur Arbeitsplatzqualität des Markt- und Meinungsforschungsinstitutes Gallup zeigte sich 2021 für Deutschland, dass sich nur 17 % der Beschäftigten emotional an ihren Arbeitgeber gebunden fühlen. 69 % der Befragten hatten nur eine geringe Bindung und machten Dienst nach Vorschrift. 14 % der Beschäftigten gaben sogar an, innerlich gekündigt zu haben.
Bei Umfragen unter angestellten Ärztinnen und Ärzten zeigt sich immer wieder, dass 25% darüber nachdenken, den Beruf zu wechseln. Als Gründe wurden in dem 2022er Monitoring des Marburger-Bundes (Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.) die steigende Arbeitsbelastung, eine unzureichende Personalausstattung und zu wenig Zeit für Gespräche mit den Patienten genannt.
Die Organisation der Krankenhäuser nach industriellen Gesichtspunkten führt zu einer zunehmenden Sinnentleerung des Tuns. Die Qualität der Beziehungen zwischen Arzt und Patient wird stillschweigend zum Luxus, auf den es “nicht” zentral ankommt, weil es in einem deklarierten Wirtschaftsbetrieb vor allen Dingen um Reibungslosigkeit und Schnelligkeit geht. Eine situationsspezifische und an der Lebenswelt des Patienten orientierte Antwort auf seine individuelle Erkrankung kann da kaum gefunden werden. Wo Überbetonung von Messbarem zur Abwertung von Kontakt und Zuwendung führt, gehen die zur Heilung unabdingbar notwendigen menschlichen Qualitäten verloren.

Foto: Krankenhauszimmer, pxhere

Dann ist das Hauptziel nicht mehr die Gesundheit der Patienten, sondern Gewinn und Kostenersparnis.
Daher ist die Orientierung ärztlichen und pflegerischen Tuns durch die zunehmende Ausrichtung des Gesundheitswesens auf betriebswirtschaftliche Ergebnisse in einen Zwiespalt geraten: Orientierung an ökonomischen Parametern oder/und Verpflichtung auf das Wohl der Patientinnen und Patienten.
Patienten sind keine Kunden, die freiwillig eine Dienstleistung kaufen. Kaum jemand ist freiwillig krank.

Anders das dort arbeitende Personal. Das ist freiwillig da; hat ursprünglich mit hohem Ethos und großer Motivation einen helfenden Beruf ergriffen. Doch in der Praxis passen Anspruch und Wirklichkeit nicht mehr zusammen.
Das Streben nach Gewinnmaximierung für Aktionäre beißt sich mit dem Anspruch, Menschen medizinisch gut zu versorgen. Arbeitnehmer werden als Humankapital zum Kostenfaktor und Patienten zu Einnahmequellen.

In der Folge werden Fallzahlen gesteigert, z.B. mehr Operationen durchgeführt, als medizinisch dringend notwendig. Irgendwo muss das Geld ja herkommen. Paradoxerweise entstehen nun Kostensteigerungen, statt ihr Gegenteil.
In einer aktuellen Studie des Hartmannbund (Berufsverbandes der Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V.) zeigte sich, dass 66 % der Teilnehmenden angaben, ihre Abteilung arbeite praktisch dauerhaft am Limit. 90 % erklärten sie arbeiten deutlich mehr, als ihrem Stellenanteil entspreche; wobei bei einem Viertel der Krankenhäuser die Überstunden erst gar nicht erfasst würden.
Es wird geschlussfolgert, dass im deutschen Gesundheitswesen die Gesundheit des medizinischen Personals offenbar als nachrangig gelte.
Wie soll man in einem kranken System gesunden, wenn nicht einmal die Profis vorbildhaft vorausgehen?

In der Folge fehlt es – in den für unser Leben wirklich systemrelevanten Einrichtungen – aber auch an Mitarbeitern und an deren adäquater Bezahlung. Der Mangel auf den Stationen führt zu Überlastungen, zu kaum mehr gelingender Patientenversorgung, zu Fehlern, zu fehlender Weiterbildung, zu zunehmenden Krankheitsausfällen und verschärftem Mangel und zur Abwanderung von qualifizierten, langjährig und aufwendig ausgebildeten Arbeitskräften.

Leider gilt das oben Geschilderte sinngemäß auch für den ambulanten Beriech, wo Fehlanreize zu einer Durchschleusemedizin führen, unter Inkaufnahme der Einschränkungen der psychosomatischen Versorgung;
aber eben auch dort zu einer Überlastung der im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen.

Krankenhäuser und medizinische Versorgung gehören zur Daseinsfürsorge. Daher muss sich da etwas ändern!
Wir alle können krank werden; wir alle werden älter.
Dann wäre es gut, eine kompetente, ausgeschlafene, zeithabende und zugewandte Betreuung zu finden.

Foto: pxhere

Quelle: Dt. Ärzteblatt, Jg 119, Heft 39, 30.09.2022, Sinnentleerung ärztlichen Tuns, S. 1635-36

Hospitalisierungs-Inzidenz – ein neues Problem !

Seit dem 17. September gilt als Leitindikator für Corona-Einschränkungen die Hospitalisierungs-Inzidenz.
Diese Zahl wird bundesweit vom Robert-Koch-Institut ermittelt aber auch für jedes Land unabhängig davon durch die Sozial-Ministerien.

Zeitlicher Verlauf der letzten 4 Wochen (Hessen)

7-Tage-Inzidenz Hospitalisierungen bundesweit

zeitlicher Verlauf der letzten 6 Monate (bundesweit)

Allein diese beiden Grafiken zeigen, dass jede Behörde ihre eigenen Regeln für Veröffentlichungen hat und damit übersichtliche Informationen für den Bürger erschwert werden. Aber es kommt noch schlimmer:

So sinnvoll die Umstellung von der reinen Fall-Inzidenz auf die Krankenhaus-Situation auch ist, es gibt leider keine sinnvolle Datenerfassung und damit sind auch die für Beschränkungen ausschlaggebenden Zahlen problematisch.
Konkret wird die Hospitalisierungs-Inzidenz aus gemeldeten Krankenhaus-Einweisungen durch die Krankenhäuser errechnet.

Die Statistik kann leicht missverstanden werden

Auf Nachfrage von ntv.de geht das RKI auf ein naheliegendes Missverständnis ein:

Die Inzidenz der Hospitalisierten sei “nicht zu vergleichen mit der Zahl der Fälle, die aktuell im Krankenhaus liegt”,

stellt die Pressestelle klar. Gezählt werden stattdessen die “als hospitalisiert übermittelte Zahl der Fälle über sieben Tage, geteilt durch die Einwohnerzahl und auf 100.000 Einwohner umgerechnet”.
Der Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme lässt sich aus den Meldedaten auch nicht ableiten.

Beispiel: Grundlage: Von den Krankenhäusern werden nur die Einweisungen übermittelt, nicht aber die tatsächlich belegten Betten.
Wenn es viele kurzfristige Einweisungen gibt, bei denen es sich um leichte Fälle handelt und bei denen eine schnelle Entlassung stattfindet, so wird es eine errechnete hohe Hospitalisierungs-Inzidenz geben.
Gibt es nur wenige aber schwere Fälle, die lange im Krankenhaus liegen müssen und viel medizinischen Aufwand benötigen, so bleibt die Inzidenz niedrig, obwohl sich die belegten Betten langsam füllen und das Personal mit Überforderung arbeiten muss
.

Wie soll ich das als mündiger Bürger verstehen ?

Oder habe ich bei meiner Recherche etwas falsch verstanden? Dann müssten die Veröffentlichungen der Behörden besser werden.
Aber auch die Redaktion von ntv hatte mit dem Verständnis der neuen Regeln ihre Probleme.

Mehr Details unter covid-19


Quellen:
ntv.de
Hessisches Ministerium für Soziales und Integration
Statista.com