Flächenverbrauch: Bauen wir so wie schon immer? Oder ab jetzt mal anders?

Blick vom Hainweg in Krofdorf auf Biebertaler Industriegebiet, Foto Renell

Zugegeben, es gibt in Industriegebieten schlimmere Anblicke als diesen. Und wenn man aus der Nähe guckt, hat zumindest die Firma Orion ihr Außengelände ansprechend gestaltet. Da wäre allerdings noch mehr drin. Intuitive Surgical könnte an die nach Krofdorf gerichtete Seite Bäume pflanzen. Bei Inwerk wurden einige Obstbäume gepflanzt. Was soll noch folgen? Die Fläche ist so groß und leer.

Ich wende mich nicht grundsätzlich gegen Bebauung. Manche Ackerfläche oder dreischürige*) Wiese protzt auch nicht eben mit Artenvielfalt. (Bei unserer benachbarten habe ich unter 10 Blütenpflanzen pro qm gezählt – ohne Gräser). Unser Garten entstand vor über 40 Jahren auf so einer Wiese, inzwischen blüht es von Januar bis Dezember in großer Vielfalt. Wenn den Bauenden, egal ob bei Industrie- oder Wohngebäuden, entsprechende Hilfestellung und Beratung geleistet würde, könnte aus Industriegelände und Wohnhäusern mit ihren Gärten sogar ein neues Paradies für Pflanzen und zugehörige Tiere werden.
Auf jeden Fall sollte die Gestaltung des Baugebietes Dreispitz 3 noch einmal überdacht werden.

*) dreischürig heißt, sie wird dreimal im Jahr gemäht. Dabei werden Blumen abgeschnitten, bevor sie reifen Samen bilden können.

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Flächenverbrauch – wirklich immer erforderlich?

Fellingshausen, links von Gladenbacher Straße mögliches Mischgebiet

Dies ist ein Thema, worüber nicht nur der Bauausschuss in Biebertal kürzlich beschlossen hat, sondern womit sich derzeit ganz viele Gemeinden im Kreis Gießen befassen. Und nahezu in jedem Falle gibt es Protest dagegen. In Biebertal war das bisher nicht so. Für mich stellt sich allerdings die Frage, ob die Neuausweisung immer der Weisheit letzter Schluss ist, um die Schulden einer Gemeinde abzubauen. Ohne hier auf die sehr kniffeligen Bedingungen der Finanzierung einzugehen (von denen ich bisher sehr wenig Ahnung habe), möchte ich die Frage unter dem Gesichtspunkt des Flächenverbrauches stellen.
Laut Auskunft des Nabu-Landesverbandes, der gegenwärtig gegen das geplante 30 ha große Gewerbegebiet in Garbenteich klagt, (Gießener Anzeiger vom 5. März 2022) werden täglich in der Bundesrepublik 56 ha neue Flächen für Siedlungen und Verkehr bebaut. Geplant waren mal maximal 30 ha pro Tag. Dieses für 2020 anvisierte Ziel (Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung) wurde vor zwei Jahren von der damaligen Bundesregierung auf 2030 verschoben. Nabu 2020, 30 Hektar pro Tag

Was bedeuten 30 ha pro Tag? x 365 = 109,5 km² pro Jahr. Das ist in etwa die Fläche der Gemeinden Gießen (72,56 km²) und Biebertal (43,92 km²) zusammen genommen.
Der momentan fast doppelt so hohe Verbrauch, also 365 x 56 = 204,4 km², entspricht etwa der addierten Fläche von Gießen und Marburg (124 km²).

Vor dem 24. Februar konnten sich die wenigsten Menschen vorstellen, dass es mitten Europa wieder Krieg geben könne.
Dass unsere Energievorräte irgendwann man zu Ende gehen, hatte vor 50 Jahren zwar schon der Club of Rome angemahnt; aber dass es echt knapp wird, merkt man derzeit vor allem an den Preisen.
Mit der Ukraine ist ein Land im Krieg, das seit vielen Generationen das europäische Weizenanbaugebiet schlechthin darstellt. Das heißt, der weltweit drittgrößte Exporteur von Getreide fällt vermutlich aus.

Und was machen wir?
Fahren Sie mal auf der A 45 nach Hanau. In ganz vielen Dörfern der Wetterau grüßen mit Wänden von mehreren hundert Metern Länge Logistikzentren. Wollen Sie in Konkurrenz zur chinesischen Mauer treten?
Es handelt sich dort mit um die fruchtbarsten Böden der Bundesrepublik. Ich will nicht schwarzmalen. Aber ist es immer noch ganz auszuschließen, dass wir auf diesen Böden mal wieder selber Lebensmittel anbauen – statt sie alle zu importieren?

Im Zusammenhang mit dem Regionalentwicklungsplan gibt es eine Petition gegen Flächenfraß von mittelhessischen Klimaschutzinitiativen. (Gießener Anzeiger vom 2. März 2022)

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