Aufstellungen – was soll das eigentlich sein?

Es ist nun schon eine kleine Tradition, dass der Breitensportverein Biebertal seinen großen Gruppenraum in der Industriestr. 6 in Fellingshausen zur Verfügung stellt, um dort ein Aufstellungs-Seminar stattfinden zu lassen. Am 29. September ist es wieder so weit. Anmelden kann man sich und Informationen gibt es bei Dr. Alfons Lindemann; Mail: info@lindemann-coach.de

Wie nebenstehend zu sehen sind die systemischen Aufstellungs-Themen meist die aktuelle oder frühere Familie, ein beruflicher Kontext, Selbstanteile (gesunde wie kranke z.B.) oder ein anderes Modell zu einem Problem bzw. einer Herausforderung. Es kann sogar völlig anonym aufgestellt werden, so dass nur die/der Aufstellende weiß worum es geht. Erst am Ende, wenn das gewünscht wird, wird dann das Thema offengelegt oder auch nicht. Letztlich ist es der Prozess, der während des Arbeitens erlebt wird, der allen neue Perspektiven eröffnet.

Diese Arbeitsmethode kommt aus dem therapeutischen Kontext, wird in Kliniken und Workshops sowie inzwischen auch gerne im beruflichen Kontext in Coachings genutzt, um “verwickelte” Prozesse zu “entwickeln”
Hier starte ich mal den Versuch, zu erklären, was wir da so machen …

Screenshot aus dem WDR-Video Familienaufstellung: Wege aus der Psychokrise
Die Technik des Aufstellens

Ein jeder trägt ein Bild von sich, seiner Familie oder vom Kollegenteam usw. im Kopf. Das wird hier vom Aufstellenden im Außen mit Stellvertretern in den Raum gestellt. (siehe Bild oben)
Aus veränderter Perspektive wird also vor allem das innere Bild vom System, die subjektive im Aufstellenden wirksame Wirklichkeit sichtbar und für die Aufgestellten spürbar.
Die/Der Aufsteller/in fragt für sein Thema Gruppenmitglieder, ob sie sich als Stellvertreter für jemanden oder etwas im Raum aufstellen lassen. Falls Ja, wird dieser Stellvertreter schweigend, ohne dass vorher etwas dazu erzählt wurde zu einer Position im Raum geführt. So auch die nächste Person usw., bis alle im System beteiligten an ihrem Platz stehen. Nach eventuellen Korrekturen darf sich die/der Aufstellende nun setzen und den sich ergebenden Entwicklungen zuschauen.

Da die Stellvertreter/innen z.B. nur wissen: ich stehe für ein Elternteil, ein Kind, für Kollegin X oder Kollegen Y, aber keine sonstigen Informationen zu der dargestellten Person haben und nicht wissen, welche Probleme, Regeln oder Tabus im dargestellten System wirken, können sie sich einzig auf das verlassen, was sie in der Position, in die sie gestellt wurden, im eigenen Körper an Impulsen oder Empfindungen spüren.
Denn durch das einfach Hinstellen werden Beziehungen zueinander – sozusagen pur – räumlich dargestellt, da keine Kommentierung oder darzustellenden Gesten zugelassen sind. Lediglich Nähe und Distanz, Zu- oder Abwendung, usw. sind jetzt für die Aufgestellten in ihren Wirkungen erlebbar. Diese werden abgefragt, um von unangenehmen Positionen zu besser passenden Positionen zu gelangen.
So können bisher nicht gesehene, nicht bedachte oder nicht beachtete Gesichtspunkte, Zusammenhänge, Motive oder gar Personen, die bedeutsam für das Geschehen sind, ans Licht kommen.

Das ist eine ganz körperliche Erfahrung für alle Beteiligten, denn in beiden Rollen (aufstellend / stellvertretend) ist man mit eigenem Erleben und persönlichen Prozessen involviert.
Dennoch sind die Aufgestellten lediglich ein Medium, das sich empathisch in ein fremdes System eingefühlt hat. Das ist insbesondere spürbar, wenn sich das eigene Körpererleben, mittels somatischem Marker, an den verschiedenen Plätzen im Raum ganz unterschiedlich anfühlt oder plötzlich Emotionen hervorgerufen werden.
So gilt es, nach dem Ende der Aufstellung die Rolle wieder “abzuschütteln”, sich wieder frei zu machen, zu sich zu kommen. In der Regel geschieht das in einer gemeinsamen Reflektion der Arbeit, um auf einer zweiten Ebene, also neben der körperlichen Erfahrung, eine sprachliche Einordnung des Geschehens zu entwickeln.

Wozu?

Im Seminar ermöglicht das gemeinsame, wohlwollende Anschauen von Wirkräumen und das bewusste vertrauensbasierte Prozessieren sowohl veränderte Beziehungen, Klärungsmöglichkeiten und konstruktive Konfliktbewältigung für offensichtliche wie für unbewusste Prozesse, die nun integriert werden können. Bindende Verstrickungen können in Frage gestellt und überwunden werden. Auch unterbrochene Bewegungen können hier symbolisch und stellvertretend zu Ende gebracht werden. Fälschlicherweise Übernommenes kann zurückgegeben, Verlorenes oder Aufgegebenes kann wieder aufgenommen werden.
Denn erst wenn etwas bewusst wird, lässt sich wählen. 
Solange man nichts merkt, muss man ertragen, was ist.
Denn das Unbewusste wirkt, obschon – oder gerade weil – wir es nicht wissen: Wir stolpern eben eher in Löcher, die wir nicht sehen, als in solche, die klar erkennbar sind.
Wissend lässt sich vorbeugend intelligent Handeln; oft aber braucht es die schmerzliche Erfahrung, bis etwas auffällt und ein Fehler bewusst wird oder eine Krise entstanden ist. Dann erst können neue (Richtungs-) Entscheidungen getroffen und das eigene Leben als eigener Chef gestaltet werden.

Ziel der Aufstellung ist es, aus dem meist problembehafteten Anfangsbild ein Wirkbild zu finden, das für alle Beteiligten eine deutliche Verbesserung und ein größeres Wohlbefinden bedeutet.
Durch das Verfolgen des in der Aufstellung ablaufenden Prozesses, den der/die Aufstellende von außen betrachtet, kann später, durch Eintreten und Hineinspüren in das Endbild, Veränderungen erlebbar, die im Alltag weiter wirken, da sich Perspektiven wie Haltungen verändern können.
Wo alte Konzepte bisher blockierend wirkten, kann durch die Arbeit ein ver-rücktes Bild zurechtgerückt werden und ein neues Bild (er)lösend wirken.

Mehr noch zu theoretischen Überlegungen dazu lesen Sie auf unserer Wissens-Seite

Noch wichtig!

Ein kleiner Nebeneffekt dieser Selbsterfahrungs-Weiterbildungsveranstaltung könnte sein (und wünsche ich mir), dass sich in und um Biebertal ein Netzwerk an Unterstützung entwickelt, bei dem Menschen zugewandt zuhörend, vielleicht sogar “aufhörend” im Sinne von Harmut Rosa miteinander sein können.
Denn das Einhalten der Schweigepflicht über die Belange anderer und über Informationen von anderen ist in dieser Veranstaltung Voraussetzung zur Teilnahme!
Nach dem Seminar kann jede/r gerne über eigene Erfahrungen sprechen, nicht aber über andere Menschen – von wegen “stiller Post”-Effekte, die dann nicht zu vermeiden sind. Nur wer kein eigenes interessantes Leben führt, muss über andere, scheinbar spannendere, Beziehungen sprechen.
Wesentliches Sprechen ist immer Mitteilung von eigenen Belangen, Gefühlen, Wünschen, Vorstellungen und Beweggründen.

Flyer-Logo: Lindemann

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