Ausstellung vom 27. Januar bis 20. März 2022, in Kooperation mit der VHS Gießen und der Zeitbild Stiftung, im Oberhessischen Museum – Altes Schloss, Brandplatz 2, in Gießen
Auf 20 großen Plakaten mit Texten und Fotos wird die Vielseitigkeit und Lebendigkeit jüdischen Lebens in Deutschland aus jüdischer Perspektive aufgezeigt. Historische Fakten und Ereignisse werden aufgezeigt, wie auch auf historische Persönlichkeiten verwiesen wird. Zum Beispiel waren Albert Einstein, Heinrich Heine, Hanna Ahrendt oder Sigmund Freud Juden. Ohne sie hätte unsere menschliche Entwicklung andere Wege genommen.
Inhalte der Ausstellung können digital als “augmented reality” mit dem eigenen Smartphone oder Tablet entdeckt und multimedial erlebbar gemacht werden. Weitere Materialien und Unterrichtsvorschläge zum Thema Antisemitismus-prävention gibt es zum Download. Antisemitismus braucht unser klares NEIN.
Bedeutsam für uns in Biebertal: die Gemeinde in Vetzberg.
Leider lässt sich über den oben genannten Internetbeitrag zu Vetzberg auf so manchen Link nicht mehr zugreifen, auf den die Seite verwiest. Daher habe ich in einem eigenen Beitrag “Erinnerungskultur” zusammengefasst, was Frau Wölfl vom Vetzbergverein uns vom Buch “Vetzberg im Wandel der Zeit” zur Verfügung gestellt hat. Zudem hoffen wir, von Zeitzeugen oder geschichtsinteressierten Menschen mehr zusammentragen zu können, um dem Vergessen vorzubeugen. Denn wer seine Geschichte nicht kennt, läuft Gefahr, sie zu wiederholen.
Genau dieser Bedrohung einer Wiederholung begegneten wir, als wir im Dezember 2021 die 1995 eingeweihte Synagoge in Gießen und das Gemeindezentrum Beith-Jaakov-Synagoge besucht haben und uns über das Leben dort heute informierten. – Wir begegneten einem netten und erzählfreudigen jungen Gemeindevorsteher, der über das Gemeindeleben, die Geschichte der Synagoge und jüdische Riten berichtete, uns die Räume, Gewänder und sogar die Tora zeigte.
Allerdings war es schon vor Eintritt in den Synagogenbezirk erschreckend zu sehen, dass die Versammlungsstätten von Gläubigen heute mit Gittern gesichert und mit Polizeipräsenz geschützt werden müssen, da Anschläge auf Anders-denkende zu befürchten sind.
Immer wieder in der Menschheitsgeschichte wurden Juden zu Sündenböcken erkoren und in Pogromen verfolgt, vertrieben, beraubt, enteignet, misshandelt, getötet. Dabei haben jüdische Mitbürger die Entwicklung von Städten oder auch unser Geistesleben und wissenschaftliche Erkenntnisse sehr häufig prägend mitbestimmt. Besonders schlimm waren antijüdische Ausschreitungen in Europa 1348-1350, zur Zeit der ersten großen Pestwelle. Man beschuldigte die jüdische Bevölkerung nach dem Auftreten der neuen Krankheit, “Schwarzer Todes”, durch Brunnenvergiftung die Erzeuger der Pest zu sein und sie planmäßig geschaffen zu haben. Ihren absoluten Höhepunkt aber erlebte die Gewalt gegen Juden im 3. Reich, zwischen 1941-1945, als insbesondere Deutsche mit bürokratischer Präzision und Gehorsam den als Holocaust bezeichneten Völkermord an mindestens 5,6 bis 6,3 Millionen Menschen inszenierten.
Psychologisch können solche Vorgänge, hervorgerufen aus Angst, Abwehr, Habgier und Dummheit / Unaufgeklärtheit heute verstanden und erklärt werden. Zu beschönigen aber gibt es da nichts – auch wenn heute schon wieder Verleugnungen, Verschiebungen, Rationalisierungen und ideologisch verbrämte Dummheit ihr Unwesen treiben.
Um so wichtiger ist es, die Erinnerungskultur aufrecht zu erhalten und Kindern wie Kindeskindern vom menschengemachten Desaster zu berichten.
So ist die Gemeinde Biebertal seit 2021 Mitglied der Fritz Bauer Stiftung. Denn was der einen Bevölkerungsgruppe angetan wird, kann leicht auch einer anderen passieren. Sündenböcke sind austauschbar, je nach Machtinteresse, Glaube oder Ideologie.
In Vetzberg haben Juden verbrieft seit 1462 gelebt. Im 17. Jahrhundert waren möglicherweise 20 % der Ortseinwohner Vetzbergs Juden. Der jüdische Friedhof weist noch heute daraufhin. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sind die Vetzberger Juden abgewandert, so dass sich die Vetzberger jüdische Gemeinde anfangs der 1890er-Jahre auflöste.
Quelle: Sontag Morgenmagazin, 30.01.2022 und die oben angegebenen Verlinkungen
PS: Die Broschüre “Jüdische Orte in Gießen – Geschichte und Gedenkorte in Gießen” von Dagmar Klein ist bei der Gießen Marketing GmbH und der Tourist-Information erhältlich.