Wirklich?
In einem Löffel Waldboden leben mehr Organismen, als es Menschen auf der Welt gibt.
Wird der Boden komprimiert, hat das Folgen für das Ökosystem,
nicht nur für die menschlichen Nutzer des Waldes, die in manchen Bereichen Weg nur noch balancierend und mit Gummistiefeln nutzen können.
Holzernte, Rückearbeiten und Holzabfuhr haben in diesem sehr regenreichen Frühjahr tiefe Spuren hinterlassen.
Die Pressestelle des Gießener Regierungspräsidiums teilte auf Anfrage des Gießener Anzeigers (Artikel: ‘”Tiefe Spuren im Matsch” von Ulla Sommerlad am 20. 4. 23) mit, dass im Hungener Wald (aber eben nicht nur dort, wie die Bilder aus dem Heegstrauch in Biebertal belegen) “durch die Holzrückarbeiten “erhebliche Eintiefungen mit seitlichen Aufwölbungen” entstanden seien. Doch das Bild vor Ort sei sehr differenziert. Es gebe auch Bereiche mit ordnungsgemäßer und nicht zu beanstandender Befahrung. Aber nicht nur in Hungen, auch bei uns ist unter der relativ dünnen Humusschicht oft wenig wasserdurchlässiger Lösslehmboden, der freigelegt und feucht zu einer rutschigen Oberfläche wird.
Das hessische Forstgesetz hat viele Regeln, die eine ordnungsgemäße Forstwirtschaft kennzeichnen. Das pflegliche Umgehen bei Nutzung und Transport, ebenso wie die Anwendung bodenschonender Arbeitsverfahren gehören dazu.
Dennoch rollten “ohne Rücksicht auf Verluste” seit Jahresbeginn große Maschinen über den ökologisch wertvollen Waldboden. Ökonomische Gründe stehen dafür, ebenso wie langfristige Lieferverträge und das Auslichten der Flächen. Bei den Wetterverhältnissen des zurückliegenden Winters – Dauerregen, kein Frost – ist beim Einsatz schwerer Maschinen eine Beschädigung des Waldboden nicht zu vermeiden. Nur Verzicht auf die Arbeiten in diesem Jahr hätte hier etwas geändert. Ein zeitliches Verschieben der Erntearbeiten in den Vegetationsbeginn hätte bei dann aufsteigendem Saftaufstieg lediglich zu Schäden an Baumrinden und Wurzeln geführt. Zudem wäre man in die Brut- und Setzzeit gekommen, hätte die Tierwelt massiv gestört.
Allerdings – und genau da ist der Betrachter verwundert, wenn nicht erbost – wurden inzwischen etliche Polter an Stämmen zu Brennholz zersägt. Da entstehen doch starke Zweifel, ob Aufwand und Nutzen – incl. Auswirkungen – in einem vertretbaren Verhältnis stehen … und mit Wegesicherung, was immer wieder angeführt wird, hatten diese Arbeiten nun wirklich nichts zu tun. Last but not least liegen die Baumkronen, die sich wunderbar für Brennholz eignen, ungenutzt und zusammengeschoben in den Flächen. Sie durften “aus Sicherheitsgründen” nicht abgeerntet werden, wie von verschiedenen Nutzern der Holzstämme am Wegesrand zu erfahren war.
Fotos: Lindemann