Selten waren Dystropie und Utopie so nahe beisammen wie in diesen pandemischen Zeiten.
Wo sind wir?
Im Paradies? In der Hölle? Irgendwo dazwischen?
Näher am Paradies oder näher an der Hölle?
Und wie war unser Befinden vor der Pandemie?
Und wen umfasst dieses wir?
Existiert es überhaupt noch?
Kann es eine Gemeinschaft, die diese Bezeichnung verdient, überhaupt geben, wenn schon die zarteste Geste von Fürsorge, das Tragen einer Maske zum Schutz der Mitmenschen, für Spaltung sorgt?
Wie nachhaltig sind die zaghaften Blüten der Solidarität, über die wir uns im ersten Lockdown noch gefreut haben, in einer Gesellschaft, die aus der Summe ihrer Einsamkeiten besteht?
Wer dieser Tage über Zukunft spricht, tut dies aufgrund einseitiger Annahmen:
Entweder sind wir – zwischenmenschlich – aus dem Gelobten Land vertrieben worden, oder aber unser Wohlergehen war zuvor schon eine Fata Morgana, die sich nun endgültig in Luft aufgelöst hat.
Entweder war die vorpandemische Lage geprägt von einer stabilen, zufriedenstellenden Normalität, die nun zwar zerstört worden ist, zu der wir jedoch zurückfinden könnten. Oder aber wir lebten auch davor in zerrütteten und teilweise dysfunktionalen Verhältnissen.
Die Reaktion auf die brüchige Gegenwart hängt von dieser grundsätzlichen Haltung ab.
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