Bis zu 5 zusätzliche Hitzewellen in Norddeutschland und bis zu 30 zusätzliche Hitzewellen in Süddeutschland – jeden Sommer.
Ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um 3.7 Grad.
Diesen für die kommenden Jahrzehnte prognostizierten Klimaveränderungen hat das deutsche Gesundheitswesen – zumindest aktuelle – nichts entgegenzusetzen. Das zeigt der im November in Berlin vorgestellte Jahresbericht der internationalen Forschungs-initiative “Lancet Countdown”, der in diesem Jahr erstmals Empfehlungen für Deutschland herausgegeben hat.
Die Bundesärztekammer forderte deshalb die Länder und Kommunen auf, konkrete Maßnahmenpläne für Kliniken, Not- und Rettungsdienste sowie Pflegeeinrichtungen zu entwickeln.
Denn insbesondere die hohen Umgebungstemperaturen während sommerlicher Hitzewellen werden direkte gesundheitliche Auswirkungen haben. Der Hitzestress, aber auch die hohen bodennahen Ozonkonzentrationen während der Hitzeperioden können schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, insbes. bei älteren Menschen und schon Herz-Kreislauf- und Atemwegs-erkrankten.
Die Ärzte müssen im Blick haben, dass bei bestimmten Medikamenten bei hohen Temperaturen die Dosierungen angepasst werden müssen.
Zudem müssten sich die Menschen darüber im klaren sein, dass in Zukunft von Mücken übertragbare “exotische” Erreger verstärkt auftreten werden. Steigende Temperaturen ermöglichen die Ausbreitung von Überträgern von Infektionskrankheiten, die bislang in Deutschland nicht vorkamen – z.B. Dengue-Fieber, Zika oder Chikungunya oder Gehirnhautentzündung durch West-Nil-Virus.
Auch die Biologie allergener Pollen verändert sich mit zunehmender Wärme. Die saisonale Dauer des Pollenfluges verändert sich, die Pollenmenge steigt an, was Asthma und allergische Reaktionen verstärkt.
Darüber hinaus erhöht sich durch die Erwärmung der Ostsee das Risiko einer Infektion mit Vibrio-Bakterien. Die im Salzwasser der Ostsee vorkommenden Keime vermehren sich sprunghaft bei Wassertemperaturen von mehr als 20 Grad und können Wunden infizieren. Das stellt, wie die Todesfälle in diesem Sommer belegen, speziell für ältere, immungeschwächte, chronisch kranke oder Menschen mit Hautverletzungen ein Risiko dar, von dem man wissen sollte. Seit den 1980er Jahren hat sich aufgrund höherer Wasser-tempferaturen die Anzahl der Tage verdoppelt, an denen man sich beim Baden infizieren kann – 2018 waren es 107 Tage.
Wir müssen verhindern, dass die Gesundheit eines Kindes, das heute geboren wird, durch das sich verändernde Klima bestimmt wird. Denn unsere Kinder und Enkelkinder werden diejenigen sein, die am stärksten von den Effekten des Klimawandels betroffen sein werden.
Je früher wir anfangen, desto einfacher ist es, die notwendige Reduktion der CO2-Emissionen zu erreichen.
Beginnen wir erst 2025, bleibt nur der ‚kalte Entzug‘ mit den zu erwartenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen.
Weniger Einsatz fossiler Brennstoffe im Energie- und Verkehrssektor verringere beispielsweise die Belastung durch Luftverschmutzung.
Die Luftverschmutzung insgesamt habe 2016 weltweit zu sieben Millionen Todesfällen geführt, 2,9 Millionen davon habe Feinstaub verursacht. In Deutschland trug die Feinstaubbelastung 2016 laut Bericht zu über 44 800 frühzeitigen Todesfällen bei.
Darüber hinaus trage die Förderung von Radfahren, Zu-Fuß-Gehen und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zur Steigerung der körperlichen Aktivität bei – mit den bekannten positiven Folgen für die Gesundheit. Entsprechend gilt es, um möglichst viele Menschen „ins Boot zu holen“, den Klimaschutz nicht mit Verzicht gleichzusetzen, sondern stattdessen sollte darauf hingewiesen werden, was gewonnen werden könne.
Quelle: Deutsches Ärzteblatt, Jg. 116, Dezember 2019, Nadine Eckert; im Internet: www.aerzteblatt.de/lit4719