Vor-Urteil

Heute möchte ich aus aktuellem Anlass in meiner Praxis über Vorurteile sinnieren, also auf “Urteile” die ausgesprochen werden, bevor man sich über Fakten informiert hat und wirklich über eine Sache oder Person Bescheid weiß.

Schnelle Urteile, also Entscheidungen, sind im Alltag oft hilfreich und notwendig.
Da wir die Geschehnisse in unsere Umwelt nach Gefahr oder nicht und nach unserem Ge- oder Missfallen einordnen müssen, ist in der komplexen Gemengelage unserer Welt ein Urteilen ohne Vorurteile ein nahezu unmögliches Unterfangen. Dabei sind kollektive Vorurteile oft das Ergebnis historisch gewachsener Interpretationsmuster, eine „normale“ Vereinfachung/Komplexitätsreduktion, um die Vielfalt unserer sozialen Wirklichkeit irgendwie zu bündeln.
Positive Vorurteile spielen z.B. beim Vertrauen, als guter Ruf oder auch als Marke für ein Produkt, über Jahre aufgebaut, eine oft entscheidende Rolle.
Aber negative Vorurteile die aus Dummheit, Böswilligkeit oder um sich selbst zu erhöhen und um sich seines Kleingeistes nicht bewusst zu werden, derart getätigte Abwertungen sind widerwärtig. Das gilt ebenso für “fake news” und Meldungen die Vorurteile bis Hass kalkuliert schüren und andere diskriminieren, denn sie zerstören Grundlagen unseres Zusammenlebens.
Denn im Zusammenleben müssen wir im Alltag darauf bauen und vertrauen, dass wir mit gesellschaftlich getroffenen Verabredungen (Gesetzen) und (wissenschaftlichen) Erkenntnissen arbeiten, die Gültigkeit haben. Wenn das Wort auf das man sich verlassen kann nicht mehr gilt, funktionieren keine Regeln und Ziele sind nicht mehr erreichbar.

Oft zu beobachten sind solch negativ besetzten Verhaltensweisen nicht nur in Punkto Geschlecht (Genderdiskussion), sondern auch in vielen anderen Bereichen, wo uns Unbekanntes ängstigt oder Uneindeutigkeiten/Unklarheiten zur schnellen Diskriminierung von Mitmenschen zum Anlass genommen werden.
z.B. wenn Vater und Mutter aus verschiedenen Herkunftsländern kommen oder verschiedenen Religionsgruppierungen angehören (katholisch-evangelisch z.B. bei uns noch vor wenigen Jahrzehnten als Mischehen diskreditiert und verpönt) usw., oder Migranten mit unterschiedlichem kulturellen Wissen, so sich deren Verhalten/Regeln hier nicht “eindeutig” deuten lässt/Unverständnis hervorruft, z.B. weil wir deren geschichtlichen Hintergründe, Riten usw. nicht kennen.
Um Vorurteile durch Kenntnisse zu ersetzen, müssten sowohl die “Einheimischen” wie “die Anderen” ihre Komfortzone verlassen. Denn immer dort, wo wir uns die Zeit nehmen, Menschen und neue Themen persönlich kennenzulernen, wo wir Zuhören, zeigen sich meist mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes und Verschiedenheit wird zu bereicherndem Zugewinn an Kenntnissen und Möglichkeiten.

Fotoquellen siehe oben

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