Während der Bedarf für Pflege wächst, geht zugleich die Anzahl derjenigen zurück, die diese Pflege ausüben können.
Durch den wachsenden Pflegebedarf steigen auch die Kosten der Pflege und der allgemeinen Gesundheitsversorgung.
Schon jetzt können ambulante wie stationäre Pflegedienste weder die Finanzierung, noch das Personal für ihre Pflegeangebote aufrechterhalten.
Der Rückgang an Pflegeeinrichtungen führt zu längeren Wartelisten für Pflegebedürftige und stellt eine ernsthafte Herausforderung für die Versorgungssicherheit dar. Der demographische Wandel und der steigende Bedarf an Pflegeplätzen verschärfen die Problematik zusätzlich.
Wer einen Pflegeplatz braucht, findet immer seltener einen. Die Belastung der Familien steigt.

So steht es in „Das Magazin Demenz“ 65/2025; herausgegeben von den Gießener Soziologen Prof. Reimer Gronemeyer, Oliver Schultz sowie Dr. Michaela Fink vom Projekt „Inklusiver Landkreis“, das für mehr gesellschaftliche Teilhabe und weniger Barrieren im Alltag sorgen will und dabei besonders die Perspektiven und Interessen von Menschen mit Behinderung und Menschen im Alter in den Mittelpunkt rückt.
In einem Artikel des Heftes (Seite 20 ff) zu einem Interview mit Frau Elisabeth Bender und Dagmar Hinterlang von der Initiative Demenzfreundliche Kommune Stadt und Landkreis Gießen und der Chorleiterin Marion Bathe, die den Gießener Demenz-Chor leitet, heißt es weiter:
(Ich zitiere hier auszugsweise aus dem Text)
Wir brauchen lokale Unterstützerkreise
in Zeiten schwindender familialer, nachbarschaftlicher und ehrenamtlicher zivilgesellschaftlicher Strukturen
„Der Bedarf an <Dritten Orten> (jenseits der privaten und beruflichen Sphäre) wächst in dem Maße, in dem frühere, traditionelle Orte sozialer Begegnungen erodieren.
So bietet Elisabeth Bender ein- bis zweimal im Jahr Schulungen zum Thema Demenz an.
Wenn Betroffene und Angehörige professionelle Hilfe benötigen, vermittelt die IDFK an die BeKo, die Beratungs- und Koordinierungsstelle für ältere und pflegebedürftige Menschen in der Stadt und im Landkreis Gießen.
Die Versorgung steckt aber in der Krise.
Wir müssen Unterstützungskreise, Netzwerke vor Ort aufbauen. Der Demenz-Chor z.B. ist ein solches Netzwerk.
Aber an vielen Orten bricht genau das weg: Kirchen und Vereine schrumpfen, die Verankerung im Ort schwindet.
Und die Leute verlernen das Miteinander.
Auch die institutionelle Versorgung ist nicht mehr gesichert.
In der jüngeren Generation sind viele mit Kindern und Beruf so eingespannt, dass wenig Zeit für Sorge- und Pflegetätigkeiten bleibt – oder die Familien wohnen weit auseinander.
Familiale, nachbarschaftliche und ehrenamtlich-zivilgesellschaftliche Strukturen dünnen immer weiter aus.
Es braucht neue Formate!
Menschen mit Demenz bräuchten nicht zwangsläufig Pflege, sondern vor allem Betreuung und Begleitung.
Im Gespräch geht es auch um die zunehmende Digitalisierung im Alltag – eine Entwicklung, die Menschen mit eingeschränkter Digitalkompetenz systematisch ausschließt und ihre Selbständigkeit einschränkt.
Da hiervon meist ältere Menschen betroffen sind, kann man darin eine Form der Altersdiskriminierung sehen. `Menschen müssten bei dem Thema viel mehr an die Hand genommen werden´, fordert Frau Hinterlang. Analoge Zugänge – nicht nur bei Behördenangelegenheiten – sind aufrechtzuerhalten, darauf müsse sehr vielmehr aufmerksam gemacht werden„, so Frau Bender.
Die Beteiligung von Menschen mit Demenz an politischen Prozessen im Landkreis Gießen sei noch nicht entwickelt. Ansätze für Beteiligung bestünden eher in sozialen und kulturellen Bereichen. Neben politischer Mitwirkung sei ein weiteres Ziel die Inklusion im Arbeitsleben: Es müsse noch viel dafür getan werden, dass Menschen in frühen Stadien der Demenz so lange wie möglich in ihrem Beruf bleiben könnten.