Mythen und Unwissenheit zu Körperfunktionen, Infektionskrankheiten oder Vorsorgeangeboten sind in Deutschland weit verbreitet.

Foto: Ausschnitt aus Dt. Ärzteblatt, Jg. 122, Heft 11, 30.5.2025, S. A644
in Kleine Sprechstunde im Klassenzimmer von Dr. med. Mirjam Martin
Die Ärztliche Gesellschaft für Prävention und Gesundheitsförderung will dem etwas entgegensetzen und betreibt altersspezifisch Aufklärung in Schulen. In 11 von 16 Bundesländern sind die idealistischen Kollegen in Körperkunde aktiv.
Schon die Aufklärung über die ärztliche Schweigepflicht hilft den Jugendlichen Unsicherheiten überraschend ehrlich preiszugeben. Dabei geht es oft um etwas, was einem Freund oder einer Freundin passiert ist oder um das, was man auf Tiktok oder Youtube gesehen hat. Denn 59 % der 15-25 jährigen nutzt das Internet als eine der primären Informationsquellen für ihre Sexualaufklärung.
Großes Unwissen gibt es bei beiden Geschlechtern über den weiblichen Zyklus und die Anatomie. Wichtiges Thema bei den Mädchen: die (erste) Regelblutung. Wie hier im Foto, wird z.B. mit übergroßen Modellen aufgeklärt und über Aspekte der Lust gesprochen. Dabei wird auch über die Endometriose aufgeklärt, wo versprengte Schleimhaut irgendwo im Körper während der Menstruation mitblutet und Probleme bereitet oder Schmerzen verursacht.
Es wird über die Jugendgesundheitsuntersuchung J1 gesprochen, die nur wenige kennen und nutzen. Dabei ist ein wichtiges Thema die Überprüfung des Impfstatus, insbesondere der HPV-Impfung. Denn der Human Papilloma Virus kann Gebärmutterhalskrebs auslösen. Daher sollten sich Mädchen wie Jungen impfen lassen. Denn auch die Feigwarzen, die juckend an Vulva oder Panis wie kleine Blumenkohlköpfe aussehen, können durch HPV-Infektion entstehen.
Oft wird der Unterricht nach Geschlechtern getrennt angeboten, um freier Reden zu können.
Besonderes Interesse bekommt da in den Klassen der Jungen häufig die Frage, wie verschiedene Arten von Sexualität ausgelebt werden können. Auch sie erzählen, was sie in den Medien gesehen haben oder was sie irgendwo aufgeschnappt haben. Die Antwort dazu: Solange die teilnehmenden Personen Lust dabei verspüren und es einen Konsens – als beidseitige Zustimmung – gibt, ist so etwas ab 14 Jahr erlaubt. Allerdings sollte man sich zuvor unbedingt über Verhütungsmethoden informieren.
Aber Achtung: nicht nur in den (a)sozialen Netzwerken sind irreführende Informationen aufbereitet. Auch das Wording in den Lehrbüchern ist teilweise grauenvoll. Dazu gehören Begriffe wie Scheide, Schamlippen oder Schamhaare, so wie man das früher genannte hat; aber wir sollten uns nicht für unseren Intimbereich schämen.
Ein weitverbreiteter Irrglaube ist, dass das Hymen eine harte Platte sei, die die Vagina verschließt und daher beim ersten Geschlechtsverkehr durchstoßen werden müsse. In Wahrheit ist das Jungfernhäutchen eine Schleimhautfalte von variabler Form, die z.B. keine Aussage über die sexuelle Aktivität zulässt. Nur wenn man den eigenen Körper kennt, kann man sich schützen, ist die wichtige Botschaft – mit der man sich auch dem Hausarzt oder Frauen- (Gynäkologe) oder Männerarzt (Urologe) oder Ärztin anvertrauen kann, darf und sollte.