Cannabis (Marihuana, Haschisch) und die Folgen – insbes. für Jugendliche

Nach Alkohol und Nikotin ist Cannabis in Westeuropa die am häufigsten konsumierte Droge. Cannabis ist eine Pflanze, die wegen ihrer berauschenden, aber auch medizinischen Wirkung konsumiert wird. Sie enthält mehr als 60 verschiedene Wirkstoffe, sogenannte Cannabinoide. Die zwei Hauptwirkstoffe der Hanfpflanze sind: Cannabidiol (CBD): keine Rauschwirkung. Es wirkt aber angstlösend und entspannend und kann Entzündungen hemmen und Tetrahydrocannabinol (THC): wirkt psychoaktiv, muskelentspannend, schmerzlindernd, Brechreiz dämpfend und appetitanregend.

DescriptionEnglish: CBG plant in the flowering stage, courtesy of Swiss Cannabinoid Sagl.
Date5 July 2022
SourceCourtesy of Swiss Cannabinoid Sagl.
AuthorMatthias Ghidossi

Bild-Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:CBG_plant_in_the_flowering_stage.jpg Fotograf Matthias Ghidossi

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Auch in Deutschland muss mit einer weiteren Zunahme von cannabisassoziierten Notfällen nach der Cannabislegalisierung gerechnet werden.
Eine akute Intoxikation (Vergiftung) ist der häufigste Grund für eine Krankenhauseinweisung. Sie geht oft mit Angst- und Panikzuständen einher oder mit starken Bauchschmerzen und sich zyklisch (in regelmäßigen Abständen) wiederholendem starken Erbrechen. Das Risiko, eine Psychose zu entwickeln, steigt mit dem THC-Gehalt und der Häufigkeit des Konsums.

Der Konsum psychoaktiver Substanzen und die damit verbundenen Störungen gehen aber nicht nur mit dem Risiko gesundheitlicher und sozialer Folgen einher, sondern auch mit erheblichen öffentlichen Ausgaben. 

Unser Gehirn reift sozusagen von hinten, unten, innen nach vorn, von entwicklungsgeschichtlich alten zu jungen Gehirnbereichen.
Schon während der Schwangerschaft wird, u.a. stark durch mütterliche Signale, unser Temperament sowie das Stress- und Beruhigungssystem geprägt.
In der Zeit nach der Geburt erreicht das Angebot an Nervenverbindungen (Synapsen) das Maximum der Dichte; insbes. im sensomotorischen Kortex (in diesem Fall: Hirnrinde) und in den tiefer und innen liegenden Hirnarealen des limbischen und des Belohnungssystems. In den ersten drei Lebensjahren reift unsere Persönlichkeit in Grundzügen durch die Bindungserfahrungen im direkten Umfeld, um etwa von der Pubertät an zu ca. 80% stabil zu bleiben. Zuletzt reift dann erst in den zwanziger Jahren der orbitofrontale Cortex, also der über den Augenhöhlen und hinter der Stirn liegende vordere Rindenanteil des Gehirns. So entsteht in der Adoleszenz (Zeit des Heranwachsens) ein Ungleichgewicht zwischen reiferen subkortikalen und unreiferen präfrontalen Hirnstrukturen besteht. 

Die Region des orbitofrontalen Cortx ist der bewusste Teil des tiefer liegenden Limbischen Systems, der eine wichtige Rolle bei der Emotions- und Impulskontrolle spielt. Er ist besonders wichtig für das Arbeitsgedächtnis, die soziale Anpassung (u.a. Gewissensbildung; Ort des „Über-Ich„, der erlernten gesellschaftlich Normen). Dieser Teil des Gehirns spielt somit eine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung, Motivation und vor allem im Hinblick auf antizipierte mögliche Konsequenzen. Hier werden u.a. Erfahrungen von Lob oder Verlangen – bis Sucht und Furchtreaktionen – reguliert und die Auswahl getroffen für Aufmerksamkeit, Vergleich, Bewertung von Stimuli, Vorhersage und Erkennung von Fehlern. Das alles geschieht durch Zugriff auf Erwartungen, das sensorisch schon Integrierte sowie auf das emotionale und das episodisches Gedächtnis. Daher kann diesen Bereich des Gehirns in gewisser Weise als Sitz ethischer Empfindung bezeichnen.

Reift dieser Bereich des uns weitgehend steuernden limbischen Systems nicht aus, z.B. weil das durch den Konsum von Drogen behindert wird, oder wird er verletzt, z.B. durch einen Unfall oder Schlaganfall, führt das zu Veränderungen der Persönlichkeit: Es kann zu einer Verarmung des Gemüts kommen, z.B. werden Sinneseindrücke mit Gleichgültigkeit hingenommen, es bleibt lebenslang eine „kindliche“ Unreife bestehen oder bislang typische Charakteristika im Verhalten können sich grundlegend ändern oder die emotionalen Zustände ändern sich schnell, wie bei kleinen Kindern. Ist der Antrieb vermindert, findet man eine Selbstvernachlässigung des Betroffenen; bei vermehrtem Antrieb hingegen sieht man Witzelsucht, anstößiges Benehmen und Schamlosigkeiten, da diese Impulse nicht mehr bewusst steuerbar sind bzw. diese Steuerung nie richtig erlernt werden konnte.

Problem des Cannabiskonsums im Schulkindalter und in der Jugend ist also vor allem die Reifungsbehinderung des Teils vom Gehirn; der in der jüngeren Evolution (Entwicklung) des Menschen überhaupt erst entstanden ist, der damit auch erst spät seine Funktion entwickelt und übernehmen kann. Weil es in der Adoleszenz also noch an „Gehirnreife fehlt“, kommt es u.a. zu waghalsigem Verhalten, fehlt es am Bedenken von Konsequenzen, ist oft der schnelle Lustgewinn interessanter, als langfristige Ziele. Kommen dann noch Vorschädigungen und/oder Traumatisierungen hinzu, sind langlebige psychische Defekte zu erwarten. Und, da die neuronale Plastizität in unterschiedlichen Hirnarealen und zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich verläuft, sind mache geistig-emotionale=>soziale Problemlagen nur sehr schwer zu korrigieren.

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