Digitales Milchbänkchen geht weiter

so titelte der Gießener Anzeiger am 03.08.2022, aber wieso?

Ein anderer Blick auf die DorfApp, für wünschenswertes echtes Miteinander im Tun, statt für virtuelles, phantasiertes Scheinzusammenkommen. Denn der virtuelle Raum wird nicht zwangsläufig zu einem realen Raum.

Milchbänkchen früher

Das erklärte Ziel der Zusammenführung führt auf diese Weise zu größerer Entfremdung, Bürgerferne und normalisierter Einsamkeit – die, wie wir wissen, eine der tödlichsten Zustände ist.

“modernes” Digitales Milchbänkchen, es unterhalten sich 2 Smartphones miteinander

Der große Irrsinn (Das Wort hat seit dem 17. Jahrhundert mit der Bedeutung „verwirrtes, unrichtiges Denken“) ist doch, dass hier echter sozialer Kontakt mit medialem Kontakt verwechselt wird. Realer, warmer Austausch zwischen Menschen kann jedoch niemals durch die Zwischenschaltung eines Mediums ersetzt werden.
Irrsinn ist auch, für eine DorfApp enorme Summen an Geld für Programmierung und Betreuung auszugeben, während guter Kontakt immer kostenfrei ist.
Ein derartiges Angebot von Oben für die da (Unten) in den Dörfern macht nur in einer “als ob”-Welt Sinn; also in Zusammenhängen, in denen man, statt Selbst da zu sein, so tut als ob man auch digital da wäre und das für normal und sogar wünschenswert hält.

So wie im linken Bild stellt sich unsere Landrätin Anita Schneider anscheinend die Fähigkeiten der von ihr vor rund zwei Jahren auf den Weg gebrachten Dorf App des Landkreises Gießen vor. Der älltägliche Tratsch, Informationen, aktuelle Nachrichten und mehr sollten ganz modern auf digitale Art in den Dörfern ausgetauscht werden, »Vernetzt, wo man verwurzelt ist«, lautet das Motto. Vernetzung geschieht jedoch a) freiwillig und b) nur dort, wo Interesse mit Sympathie und Bekanntschaft zusammen kommen.

Dorfbrunnen in Freienfels bei Weilburg, “Dolles Dorf” der Woche. Der über 150 Jahre alte Dorfbrunnen wird bei der Hitze zur Erfrischung und zum Treffen genutzt Screenshot aus Hessenschau vom 13. 08. 2022
Treffen im Dorfmittelpunkt:: Backhaus, Kirche, Brunnen – beim Brunnenfest ist der “Platz” für Autos gesperrt


Bei uns in Biebertal war es Königsberg und auch in Dornholzhausen, Harbach, Oppenrod und Treis konnten Bürger/innen während einer ersten Pilotphase die App über das Smartphone herunterladen und damit Teil einer »digitalen Dorfgemeinschaft« werden. Jeweils zehn Personen aus jedem der fünf Orte durften die DorfApp ausgiebig testen. Nun ist diese Pilotphase beendet. Aber in Königsberg plant man mit dem neuen “Dorfladen” einen realen Treff.

Rechtfertigt ein nachgewiesener Nutzen die aufgewendeten Kosten?

Mehr lesen auf Treffpunkte – Meinungstreff unter “Was ist eine DorfApp” und “Digitales Milchkännchen geht weiter”

Foto vom traditionellen Milchbänkchen: Foto: Schwatz am Milchbänkchen; vom modernen Milchbänkchen: Lindemann

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